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Rörstrand – Porzellan-Klassiker aus Schweden

Letzte Woche haben wir euch mit Alvar Aalto und iittala finnisches Design näher gebracht. Was bietet sich da mehr an, als mit einem skandinavischen Nachbarn weiterzumachen? Denn auch Schweden hat einige Design-Schmankerl zu bieten. Ein traditionsreiches Beispiel dafür ist die Porzellanfabrik Rörstrand. Kommt mit auf eine kleine Reise in die schwedische Designgeschichte!

Eine schwedische Firma. Gegründet von einem Deutschen. Klingt im ersten Moment komisch, trug sich 1726 jedoch in Rörstrand genauso zu. Die kleine Ortschaft, heute unter anderem Namen ein Stadttteil von Stockholm, markierte den Beginn einer großen Keramiktradition und gab dem neuen Unternehmen auch sogleich den Namen: Rörstrand, gegründet unter Führung des deutschen Porzellanproduzenten Johann Wolff. Nach Meissen, das bereits seit 1709 Keramikerzeugnisse herstellte, ist die schwedische Firma damit der zweitälteste Keramikproduzent in Europa.

Historische Werkstätte (Datum unbekannt). Bildquelle: Fiskars/Rörstrand

In der Frühzeit des Unternehmens dominierten vor allem Produkte aus Fayence, einer damals nicht unüblichen keramischen Herstellungsweise. Und auch die bis heute mit Porzellan assoziierte cobaldblaue Dekorgestaltung wurde schon Mitte des 18. Jahrhunderts verwendet, inspiriert durch Porzellan aus China. Einige Jahrzehnte später, nämlich 1857, gelang es Rörstrand, das edlere Knochenporzellan (bone china) herzustellen, 1881 auch Feldspatporzellan.

Das Unternehmen wuchs in der Folgezeit beständig. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zog bereits die Produktion von Stockholm nach Göteburg um, 1926 schließlich die gesamte Firma. Von entscheidender Bedeutung für Rörstrand sollten nachfolgend vor allem die 1930er Jahre haben.

Skandinavisches Design at its best. So ließe sich das 1930 von Louise Adelborg entworfene National Service charakterisieren, das später unter dem Namen Swedish Grace zu Berühmtheit gelangte. Entstanden ist ein minimalistisches wie stilvolles Geschirrset, das über Generationen hinweg die Schweden begeistert hat und heute durch seine hohe Alltagstauglichkeit in fast jedem schwedischen Haushalt zu finden ist. Ein weiterer Grund des Erfolgs ist sicherlich auch das elegante Dekor. Das klassische Geschirr aus langlebigem Feldspatporzellan knüpft mit seinem Weizenähren-Reliefmuster an die skandinavische Natur an, symbolisiert aber auch Wohlstand und Nahrung.

Swedish Grace Becher mit dem ikonischen Weizenähren-Muster. Bildquelle: Fiskars/Rörstrand

Ebenso bekannt und beliebt ist Ostindia von Rörstrand. Der dekorative Schweden-Klassiker verdankt seine Existenz einer bewegten Geschichte. Im Jahre 1746 sank vor der schwedischen Küste der Ostindienfahrer “Götheborg” mit wertvoller Ladung aus Fernost, die jedoch größtenteils geborgen werden konnte. Auf welchen Wegen auch immer, gelangte ein Porzellanscherben dieser Fahrt in den hintersten Winkel eines Schranks der Rörstrand-Fabrik. 1932 entdeckte die Frau des damaligen Betriebsleiters das kostbare Stück aus China und erkannte auf Anhieb das Potential des historischen Fundes. Das feine Porzellan mit der typischen hellblauen Grundierung in Zusammenspiel mit dem kräftigem Ultramarin-Blumenmuster und harmonisch abgerundet mit dem warmen, rost-rotem Rand ist mittlerweile eine Ikone des schwedischen Designs. Nicht umsonst wurde Ostindia in Schweden zum “Service des Jahrhunderts” gewählt.

Hellblauer Grund, zarter rostroter Rand: Ostindia. Bildquelle: Fiskars/Rörstrand

Typisch für Ostindia: Das feine Ultramarin-Muster.

Rörstrand spielt übrigens auch bei einem zentralen Bestandteil der schwedischen Kultur eine gewichtige Rolle: Fika. Fi – was?? Fika bezeichnet in Schweden das Unterbrechen der Arbeit, um gemeinsam mit Freunden, Familie oder Kollegen gemütlich beisammenzusitzen und Kaffee zu trinken. Auf zahlreichen privaten Kaffeetischen oder Picknickdecken findet sich dabei oft die Rörstrand-Serie Höganäs. Das robuste Geschirrset aus Steinzeug wurde bereits 1909 entworfen und beweist seitdem mit seiner hohen Hitzebeständigkeit seine Fika-Tauglichkeit. Eine klare Linienführung und die prägnante, dickere Form der Keramikstücke machen Höganäs zum perfekten Begleiter für die gemütliche Pause.

Die klare Formgebung und das robuste Material machen Höganäs zum perfekten Begleiter der Fika. Bildquelle: Fiskars/Rörstrand

Ihr seht: Rörstrands Porzellan-Serien haben eine lange Designgeschichte hinter sich – und prägen schwedische Haushalte, Tische und Picknickdecken bis heute. Doch nicht nur dort. Längst haben die zeitlosen Stücke mit ihren klaren Formen und feinen Details ihren Siegeszug auch außerhalb Skandinaviens angetreteten. Was einst mit einem Deutschen in Rörstrand begann, ist mittlerweile zu einem kleinen Stück schwedischen Kulturerbes geworden.

2 Kommentare

  1. Sonja Otte sagt

    Ich suche dringend Teile zu dem Service Rörstrand Parad, das Anfang /Mitte der 1960er Jahre gefertigt wurde. Bin für Hilfe dankbar.

    • Liebe Frau Otte,
      ich bitte zunächst um Entschuldigung für die sehr späte Antwort. Leider können wir als Fachhändler nur aktuelle Kollektionen des Herstellers bestellen. Rörstrand Parad können wir Ihnen daher leider nicht beschaffen. Haben Sie es schon über Antiquitätenhändler probiert, sei es online oder stationär?
      Beste Grüße
      N. Gumboldt

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